„Systemrelevant“ – dieser Begriff ist in diesem Jahr fast so häufig in aller Munde wie „Corona“. Systemrelevant sind nicht nur Ärzte, Pflegekräfte und Sanitäter, sondern auch Beschäftigte im Supermarkt, Reinigungskräfte oder LKW-Fahrer. Sie alle haben gemeinsam, dass sie sich während der Corona-Pandemie nicht ins Home Office zurückziehen können, sondern weiterhin mit vielen, teils erkrankten Menschen in Kontakt kommen und dabei selbst diese Krankheit übertragen können.

Während aber qualifizierte Berufe wie Mediziner eine gute soziale Sicherung haben, leiden die Arbeitnehmer im Niedriglohnsektor grundsätzlich unter einem höheren gesundheitlichen und sozialen Risiko. In diesen Berufen sind ausländische Arbeitnehmer besonders stark vertreten. Europaweit stammen im Bereich Reinigung und Aushilfe 38 Prozent der Arbeitenden aus dem EU-Ausland und aus Drittstaaten. Im Bereich Pflege sind es knapp 20 Prozent.

Hier kommen die besonderen Gefahren der Arbeit mit einer häufig schlechteren sozialen Sicherung zusammen. Die Gemeinsame Forschungsstelle (Joint Research Center) der EU-Kommission hat nun in einer Studie untersucht, wie sich die Folgen der Corona-Pandemie insbesondere für ausländische Arbeitskräfte in systemrelevanten Berufen auswirken.

Gründe für ein höheres gesundheitliches und wirtschaftliches Risiko

Ausländische Arbeitskräfte tragen ein größeres gesundheitliches und finanzielles Risiko. Obwohl die Gründe dafür vielschichtig sind, können wir sie klar identifizieren:

Tendenziell mehr befristete Arbeitsverträge

Im Vergleich zu inländischen Beschäftigten in systemrelevanten Berufen hat ein deutlich höherer Anteil der ausländischen Arbeitnehmer nur zeitlich befristete Arbeitsverträge. Arbeitskräfte aus dem EU-Ausland haben eine um 16 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit für befristete Verträge. Und bei Arbeitnehmern aus Drittstaaten liegt die Wahrscheinlichkeit dafür sogar bei 48 Prozent. Geht es ihrem jeweiligen Arbeitgeber wirtschaftlich schlecht – was durch die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie häufiger vorkommen kann – wird ihr Arbeitsvertrag eher nicht verlängert.

Weniger Entgelt, weniger Rücklagen

Die Mehrheit der ausländischen Arbeitnehmer erhält nur ein geringes Entgelt und fällt in die untersten vier Einkommensdezile. Das bedeutet, dass sie im Verdienst bei den unteren 40 Prozent der Arbeitnehmer sind. Mit einem geringen Einkommen ist es den ausländischen Arbeitnehmern aber nur schwer möglich, Geld für schlechte Zeiten zurückzulegen. Wirtschaftliche Krisen treffen sie deshalb härter.

Häufiger der Infektionsgefahr ausgesetzt

Beschäftigungen wie Regale im Supermarkt befüllen, die Reinigung verschmutzter Räume oder die persönliche Pflege hilfsbedürftiger Menschen lassen sich nicht im Home Office ausüben. Die Arbeitnehmer müssen vor Ort sein. Sie sind damit zwangsläufig eher und öfter einem Infektionsrisiko ausgesetzt.

Was die Autoren der Studie fordern

Es ist eine Tatsache, dass auch viele ausländische Arbeitnehmer in die Sozialversicherung einzahlen und Deutschland aufgrund der demografischen Entwicklung jüngere Beitragszahler braucht. Daher empfehlen die Autoren, Anreize für Arbeitgeber zu schaffen, um ausländische Arbeitskräfte dauerhaft zu beschäftigen.

Um die soziale Sicherung zu verbessern, schlägt die Studie unter anderem vor, Ansprüche ausländischer Arbeitnehmer auf Sozialleistungen so zu definieren. So hätten sie trotz eines niedrigen Entgelts Zugang zu der benötigten gesundheitlichen Versorgung und den sozialen Absicherungen.

Quelle

Die vollständige Studie „A vulnerable workforce – migrant workers in the COVID-10 pandemic“ finden Sie auf der Website des Amts für Veröffentlichungen der Europäischen Union.

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