Kinderlose Arbeitnehmer müssen ab Vollendung des 23. Lebensjahres einen Beitragszuschlag zur sozialen Pflegeversicherung leisten. Wenn Ihr Arbeitnehmer den Nachweis seiner Elterneigenschaft erbringen kann, entfällt dieser Beitragszuschlag.
Worum handelt es sich?
Die Pflegeversicherung sorgt dafür, dass die Leistungen der heutigen pflegebedürftigen Personen finanziert werden können. Arbeitnehmer ohne Kinder zahlen einen Beitragszuschlag, da diese später nicht zur Verfügung stehen, um sie im Pflegefall zu Hause zu versorgen oder selbst Beiträge zur Pflegeversicherung zu zahlen – das umlagefinanzierte System geriete in Schieflage.
In der sozialen Pflegeversicherung zahlen kinderlose Mitglieder ab Vollendung des 23. Lebensjahres einen Beitragszuschlag. Ausgenommen sind Mitglieder, die vor dem 1. Januar 1940 geboren wurden oder Bezieher von Bürgergeld (vormals: Arbeitslosengeld II) sind. Den Beitragszuschlag trägt das Mitglied allein.
Zum 01. Juli 2023 wurde der Beitragszuschlag für Kinderlose von 0,35 auf 0,6 angehoben.
Der Beitragszuschlag wird weiterhin ausschließlich vom Arbeitnehmer getragen und zusammen mit den anderen Beiträgen vom Arbeitgeber ermittelt und an die Einzugsstelle abgeführt.
Eine Ausnahme gilt für Geringverdiener (Auszubildende mit einem monatlichen Entgelt bis zu 325 Euro). In diesem Fall zahlt der Arbeitgeber auch den Beitragszuschlag zur Pflegeversicherung.
Für Personen, die einen Jugendfreiwilligendienst oder einen Bundesfreiwilligendienst leisten, wird der Beitragszuschlag immer vom Arbeitgeber übernommen.
Um den Beitragszuschlag zu vermeiden, muss Ihnen Ihr Arbeitnehmer einen Nachweis seiner Elterneigenschaft erbringen. Die Elterneigenschaft können neben Personen mit eigenen Kindern auch Personen besitzen, die ein Adoptivkind, ein Stiefkind oder ein Pflegekind haben. Bei Adoptivkindern und Stiefkindern sind weitere Voraussetzungen zu erfüllen. Näheres erfahren Sie bei der Kranken- und Pflegekasse. Als Nachweise zur Elterneigenschaft kommen insbesondere folgende Dokumente in Betracht:
Geburtsurkunde oder Abstammungsurkunde
Vaterschaftsanerkennungsurkunde
Adoptionsurkunde
Bei Stiefkindern zusätzlich: Heiratsurkunde
Eintrag eines oder eines halben Kinderfreibetrages in den ELStAM-Daten
Ihr Arbeitnehmer gilt bis zum Ablauf des Monats, in dem der Nachweis erbracht wird, beitragsrechtlich als kinderlos. Eine Ausnahme ist, wenn Ihr Arbeitnehmer den Nachweis innerhalb von drei Monaten nach der Geburt eines Kindes vorlegt; dann gilt der Nachweis mit Beginn des Monats der Geburt als erbracht. Wird der Nachweis später erbracht, ist der Arbeitnehmer mit dem Monat, der auf den Monat der Nachweiserbringung folgt vom Beitragszuschlag in der sozialen Pflegeversicherung befreit. Er hat ebenfalls drei Monate Zeit, ab Beginn der Neueinstellung oder dem Beginn der Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung, insbesondere ab Vollendung des 23. Lebensjahres. Danach würde dieser ohne Nachweis als kinderlos gelten und ab diesem Zeitpunkt einen Beitragszuschlag zahlen.
Für Kinder, die in der Zeit vom 01. Juli 2023 bis 30. Juni 2025 geboren werden, ist die 3-Monats-Frist jedoch ausgesetzt. In diesen Fällen wirken die Nachweise generell ab Beginn des Monats der Geburt.
In Zweifelsfällen entscheidet die Pflegekasse.
Die Elterneigenschaft zur Vermeidung eines Beitragszuschlages behält der Arbeitnehmer lebenslang. Es hat also keine Auswirkungen, wenn z. B. das Kind volljährig oder später selbst als Arbeitnehmer sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist.
Welcher Zweck wird erfüllt?
Das Bundesverfassungsgericht hatte in einem Urteil gefordert, die Betreuung und die Erziehung von Kindern als konstitutive Leistungen bei der Bemessung von Beiträgen in der Pflegeversicherung zu berücksichtigen. Ansonsten würden die Versicherten mit Kindern in verfassungswidriger Weise benachteiligt gegenüber kinderlosen Versicherten, die aus dieser Betreuungs- und Erziehungsleistung im Falle ihrer Pflegebedürftigkeit Nutzen ziehen. Daher wird der Vorteil kinderloser Mitglieder in der sozialen Pflegeversicherung beitragsrechtlich kompensiert durch einen Beitragssatz, dem sogenannten Beitragszuschlag.
Nach einem neueren Urteil des Bundesverfassungsgerichts geht die Differenzierung zwischen Kinderlosen und Eltern jedoch nicht weit genug. Insofern hält das Gericht eine weitergehende Berücksichtigung des wirtschaftlichen Kindererziehungsaufwands für verfassungsrechtlich geboten. Zur Umsetzung dieser Vorgaben hat der Gesetzgeber ab 1. Juli 2023 eine Beitragssatzdifferenzierung nach der Anzahl der Kinder vorgesehen. Der GKV-Spitzenverband hat hierzu Hinweise zur Berücksichtigung von Kindern bei der Berechnung der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung für Zeiten ab dem 1. Juli 2023 veröffentlicht, die die Umsetzung des Urteils erläutern.
Welche Norm ist die Grundlage?
Beitragszuschlag: § 55 Abs. 3 SGB XI; Elterneigenschaft: § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 2 und 3 SGB I
Die darauf aufbauenden und ergänzenden Dokumente der Sozialversicherung finden Sie in der SV-Bibliothek des Informationsportals unter dem angegebenen Link zum Thema „Beitragszuschlag und Elterneigenschaft“.
Wo kann ich mich informieren?
Im Zweifelsfall wenden Sie sich an die für das Mitglied zuständige Pflegekasse. Bei gesetzlich krankenversicherten Arbeitnehmern ist das die jeweils für den Arbeitnehmer zuständige Krankenkasse. Ist der Arbeitnehmer privat krankenversichert und damit auch bei einem privaten Versicherungsträger in der sozialen Pflegeversicherung, wenden Sie sich an diesen.
Weiterführende Informationen zur Beitragssatzdifferenzierung in der Pflegeversicherung lesen Sie in den grundsätzlichen Hinweisen des GKV-Spitzenverbands.
Was ist später wichtig?
Nehmen Sie den Nachweis der Elterneigenschaft zu Ihren Entgeltunterlagen, um ihn beispielsweise bei einer Betriebsprüfung vorlegen zu können.