Die Rechengrößen der deutschen Sozialversicherung sind Basiswerte, die als wesentliche Größen Einfluss auf die Beitragsberechnung und die Leistungsgewährung der verschiedenen Sozialversicherungszweige nehmen. Die Rechengrößen werden jährlich angepasst.
Worum handelt es sich?
Die Rechengrößen der Sozialversicherung werden durch die „Verordnung über maßgebende Rechengrößen der Sozialversicherung“ bzw. synonym „Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung“ (SVRechGrV) mit Zustimmung des Bundesrates jährlich festgelegt. Sie stellen wichtige Basiswerte für die Beitragsberechnung dar. Aber auch für die Leistungsgewährung der verschiedenen Sozialversicherungszweige lassen sich wesentliche Grenzwerte hieraus ableiten.
Durch die jährliche Aktualisierung der Rechengrößen findet eine sogenannte „Dynamisierung“ statt – also eine Anpassung an die reale Lohn- und Gehaltsentwicklung in Deutschland. Hierdurch wird sichergestellt, dass Beitragszahlung und Leistungsgewährung in einem gleichbleibenden Verhältnis zu den Arbeitnehmereinkünften stehen.
Die Rechengrößen der Sozialversicherung umfassen folgende Werte:
- Durchschnittsentgelt der Rentenversicherung (§ 1 SVRechGrV)
Die Quell-Rechengröße der Sozialversicherung ist der Durchschnitt aller Arbeitnehmerentgelte, die der Rentenversicherung im vorvergangenen Jahr gemeldet wurden. Beispielsweise werden die Rechengrößen für das Jahr 2024 auf Basis des Durchschnittsentgelts 2022 aufgebaut. Durch den Rückgriff ist sichergestellt, dass das Durchschnittsentgelt einen möglichst vollständigen und korrekten Wert hat und die Gehaltsentwicklung realistisch wiedergegeben wird. Das so definierte Durchschnittsentgelt des vorvergangenen Jahres wird in Anlage 1 des SGB VI festgeschrieben und löst den bis dahin jeweils hinterlegten Schätzwert ab.
- Bezugsgröße der Sozialversicherung (§ 2 Abs. 1 SVRechGrV)
Die Bezugsgröße der Sozialversicherung ist die zentrale Rechengröße. Sie entspricht dem Durchschnittsentgelt des vorvergangenen Jahres (s. o.), wird jedoch auf den nächsten durch 420 teilbaren Betrag aufgerundet. Dies hat zur Folge, dass jeder Betrag, der hieraus auf Tages-, Arbeitstags-, Wochen- oder Monatsbasis heruntergerechnet wird, ganzzahlig ist.
- Bezugsgröße der Sozialversicherung im Beitrittsgebiet (§ 2 Abs. 2 SVRechGrV)
Diese reduzierte Bezugsgröße der Sozialversicherung ist eine Rechengröße für die Ost-Bundesländer, die zur Ermittlung einiger abgeleiteter Größen genutzt wird. Sie entspricht der allgemeinen Bezugsgröße, wird jedoch durch einen Wert geteilt, der in Anlage 10 des SGB VI für das jeweilige Jahr gelistet ist.
- Beitragsbemessungsgrenzen der allgemeinen und der knappschaftlichen Rentenversicherung (§ 3 Abs. 1 SVRechGrV)
Die Beitragsbemessungsgrenzen der allgemeinen Rentenversicherung sowie der knappschaftlichen Rentenversicherung werden durch die SVRechGrV festgelegt und dabei gem. § 159 SGB VI an die Lohn- und Gehaltsentwicklung angepasst. Die neu festgelegten Beitragsbemessungsgrenzen werden jeweils in Anlage 2 des SGB VI aufgenommen.
- Beitragsbemessungsgrenzen (Ost) der allgemeinen und der knappschaftlichen Rentenversicherung (§ 3 Abs. 2 SVRechGrV)
Für die Ost-Bundesländer wird eine zusätzliche Beitragsbemessungsgrenze festgelegt und entsprechend § 159 SGB VI an die Lohn- und Gehaltsentwicklung angepasst. Die neu festgelegte Beitragsbemessungsgrenze wird jeweils in Anlage 2a des SGB VI aufgenommen.
Hinweis: Weitere Informationen zu den Beitragsbemessungsgrenzen finden Sie im Informationsportal im Steckbrief Beitragsbemessungsgrenze.
- Wert zur Umrechnung der Beitragsbemessungsgrundlagen des Beitrittsgebietes
Bis zum 31. Dezember 2024 erfolgt gem. § 275a SGB VI und § 275b SGB VI noch die Umrechnung der Beitragsbemessungsgrenze für das Beitrittsgebiet, also die Ost-Bundesländer. Mit jeder SVRechGrV wird der Umrechnungswert für das vorvergangene Jahr in Anlage 10 des SGB VI festgeschrieben.
- Jahresarbeitsentgeltgrenzen in der Krankenversicherung (§ 4 SVRechGrV)
Die Jahresarbeitsentgeltgrenzen in der Krankenversicherung werden durch die SVRechGrV festgelegt und jährlich entsprechend der Entgeltentwicklung angepasst. Sie definieren die Jahresentgelthöhe, ab der für Arbeitnehmer keine Versicherungspflicht mehr zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung besteht. Da es zwei Grundlagen für diese einkommensabhängige Versicherungsfreiheit gibt, existieren auch zwei Jahresarbeitsentgeltgrenzen (siehe Folgeabschnitt).
Abseits der SVRechGrV existieren weitere Größen der Sozialversicherung, die keiner regelmäßigen Anpassung unterliegen und die durch eigene Gesetze oder Verordnungen definiert sind. Dies sind z. B. die Geringfügigkeitsgrenze (Minijob mit Verdienstgrenze) und die Geringverdienergrenze bei Auszubildenden.
Die nachfolgenden Aufstellungen geben Ihnen eine Übersicht zu den für 2023 und 2024 Rechengrößen der Sozialversicherung. Die im Informationsportal hinterlegten Rechengrößen halten wir für Sie stets aktuell.
Rechengrößen 2024
- Durchschnittsentgelte in der Rentenversicherung: 45.358 Euro (Jahr)
- Bezugsgröße West: 42.420 Euro (Jahr) / 3.535 Euro (Monat)
- Bezugsgröße Ost: 41.580 Euro (Jahr) / 3.564 Euro (Monat)
- Beitragsbemessungsgrenze allg. Rentenversicherung West: 90.600 Euro (Jahr) / 7.550 Euro (Monat)
- Beitragsbemessungsgrenze allg. Rentenversicherung Ost: 89.400 Euro (Jahr) / 7.450 Euro (Monat)
- Beitragsbemessungsgrenze knappschaftliche Rentenversicherung West: 111.600 Euro (Jahr) / 9.300 Euro (Monat)
- Beitragsbemessungsgrenze knappschaftliche Rentenversicherung Ost: 110.400 Euro (Jahr) / 9.200 Euro (Monat)
- Beitragsbemessungsgrenze Arbeitslosenversicherung West: 90.600 Euro (Jahr) / 7.550 Euro (Monat)
- Beitragsbemessungsgrenze Arbeitslosenversicherung Ost: 89.400 Euro (Jahr) / 7.450 Euro (Monat)
- Jahresarbeitsentgeltgrenze Krankenversicherung (allg.): 69.300 Euro (Jahr) / 5.775 Euro (Monat)
- Jahresarbeitsentgeltgrenze Krankenversicherung (bes.): 62.100 Euro (Jahr) / 5.175 Euro (Monat)
- Beitragsbemessungsgrenze Kranken- und Pflegeversicherung: 62.100 Euro (Jahr) / 5.175 Euro (Monat)
- Geringfügigkeitsgrenze: 538 Euro
- Geringverdienergrenze Auszubildende: 325 Euro (Monat)
Rechengrößen 2025
- Durchschnittsentgelte in der Rentenversicherung: 50.493 Euro (Jahr)
- Bezugsgröße West: 44.940 Euro (Jahr) / 3.745 Euro (Monat)
- Bezugsgröße Ost: 44.940 Euro (Jahr) / 3.745 Euro (Monat)
- Beitragsbemessungsgrenze allg. Rentenversicherung West: 96.600 Euro (Jahr) / 8.050 Euro (Monat)
- Beitragsbemessungsgrenze allg. Rentenversicherung Ost: 96.600 Euro (Jahr) / 8.050 Euro (Monat)
- Beitragsbemessungsgrenze knappschaftliche Rentenversicherung West: 118.800 Euro (Jahr) / 9.900 Euro (Monat)
- Beitragsbemessungsgrenze knappschaftliche Rentenversicherung Ost: 118.800 Euro (Jahr) / 9.900 Euro (Monat)
- Beitragsbemessungsgrenze Arbeitslosenversicherung West: 96.600 Euro (Jahr) / 8.050 Euro (Monat)
- Beitragsbemessungsgrenze Arbeitslosenversicherung Ost: 96.600Euro (Jahr) / 8.050 Euro (Monat)
- Jahresarbeitsentgeltgrenze Krankenversicherung (allg.): 73.800 Euro (Jahr) / 6.150 Euro (Monat)
- Jahresarbeitsentgeltgrenze Krankenversicherung (bes.): 66.150 Euro (Jahr) / 5.512,5 Euro (Monat)
- Beitragsbemessungsgrenze Kranken- und Pflegeversicherung: 66.150 Euro (Jahr) / 5.512 Euro (Monat)
- Geringfügigkeitsgrenze: 556 Euro
- Geringverdienergrenze Auszubildende: 325 Euro (Monat)
Welcher Zweck wird erfüllt?
Die Rechengrößen der Sozialversicherung sind wenige Basiswerte, die im 2. Halbjahr eines Jahres für das Folgejahr festgelegt werden. Dies erfolgt über die jährliche Version der Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung (SVRechGrV). Diese Basiswerte entfalten direkte Wirkung für die Beitragsberechnung und die Leistungsansprüche. Zudem dienen sie diversen Werten in der Sozialversicherung als Bezugsgröße bzw. Referenz, so dass diese sich hieraus ableiten lassen. Auf diese Weise muss nicht in jedem Jahr eine große Anzahl von Gesetzen und Verordnungen überarbeitet werden, sondern es reicht, die basalen Rechengrößen anzupassen.
Im Einzelnen betrachtet erfüllen die Rechengrößen folgende Zwecke:
Durchschnittsentgelt der Rentenversicherung
- nimmt als Wert direkt Einfluss auf die Bezugsgrößen der Sozialversicherung (siehe Folgepunkt) und
- sorgt für eine Anpassung der meisten Grenzwerte der Sozialversicherung an die reale Lohn- und Gehaltsentwicklung
- ist Basis für die Ermittlung der Entgeltpunkte bei der Berechnung der Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung.
Bezugsgrößen der Sozialversicherung
- sind zentrale Rechengrößen der Sozialversicherung,
- dienen der Ableitung diverser Grenzwerte des Leistungs- und Beitragsrechts der Sozialversicherung sowie von Größen außerhalb der Sozialversicherung und
- sind als Variablen fest in die Berechnungsformeln anderer Größen integriert.
Beitragsbemessungsgrenzen
- bilden im Beitragsrecht die Obergrenze für die in der Beitragsabrechnung zu berücksichtigenden Entgelte,
- bilden im Leistungsrecht die Obergrenzen für das Bestehen von Leistungsansprüchen (z. B. beim Kranken-, Arbeitslosen- und Insolvenzgeld) sowie das Entstehen von Rentenansprüchen und,
- dynamisieren die Grenzbeträge der Sozialversicherung gemäß der realen Lohn- und Gehaltsentwicklung
- sind direkte Referenzwerte für die Arbeitslosenversicherung.
Wert zur Umrechnung der Beitragsbemessungsgrundlagen im Beitrittsgebiet
- bis zum 31.12.2024 erfolgt über diesen Umrechnungswert die Anpassung der zentralen Rechengrößen der Sozialversicherung in Relation zu den unterschiedlichen Gehaltsgefügen in den West- und Ost-Bundesländern
Jahresarbeitsentgeltgrenzen in der Krankenversicherung
- definieren, ab welchem jährlichen Entgelt Arbeitnehmer nicht mehr versicherungspflichtig zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sind (§ 6 Abs. 6 SGB V) und nehmen somit Einfluss auf den versicherungsrechtlichen Status der Arbeitnehmer und
- sichern für Arbeitnehmer, die die besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze überschreiten und zum Stichtag 31. Dezember 2002 privat kranken- und pflegeversichert waren, den Bestandsschutz (§ 6 Abs. 7 SGB V).
- Die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 6 Abs. 7 SGB V bildet den direkten Referenzwert für die Beitragsbemessungsgrenze in der Kranken- und Pflegeversicherung.
Geringfügigkeitsgrenze (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV)
- definiert, bis zu welcher Entgeltgrenze eine Arbeit als Minijob gelten kann (siehe auch unser Steckbrief Minijob mit Verdienstgrenze)
- nimmt somit Einfluss auf die versicherungsrechtliche Stellung
- nimmt Einfluss auf die Beitragsberechnung.
Geringverdienergrenze (§ 20 Abs. 3 Nr. 1 SGB IV)
- definiert für Auszubildende einen Grenzbetrag, bis zu dem die Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge vollständig allein tragen
Hinweis: alle wichtigen Fragen zur Anmeldung von Auszubildenden können Sie in unserem Frage-Antwort-Katalog für Auszubildende und Praktikanten klären, den Sie über den Link bzw. die Navigation „Neueinstellungen > Direkteinstieg Neueinstellung > Auszubildender und Praktikant“ erreichen.
Welche Norm ist die Grundlage?
Verschiedene Sozialgesetzbücher:
sowie hieraus abgeleitet die
- Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung (SVRechGrV)
Auf die Normen zu den einzelnen Rechengrößen ist bereits im vorhergehenden Kapitel verwiesen worden.
Wo kann ich mich informieren?
Nachdem die Zustimmung zum SVRechGrV durch den Bundesrat erfolgt ist, findet die offizielle Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt statt. Im Vorwege informiert das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) allerdings bereits über den Referentenentwurf zum SVRechGrV auf seiner Homepage und gibt so schon einmal die vorläufigen Werte bekannt.
Darüber hinaus veröffentlichen die verschiedenen Sozialversicherungsträger die SV-Rechengrößen auf ihren Websites, so bspw. der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung. In der Regel stellt auch jede Krankenkasse eine Sammlung wichtiger SV-Rechengrößen schriftlich oder online zur Verfügung.
Was muss ich tun?
Sie müssen für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge immer die für den Entgeltabrechnungszeitraum gültigen Rechengrößen der Sozialversicherung verwenden. Dies ist dann besonders wichtig, wenn Sie selbst die Lohnbuchhaltung führen und Meldungen sowie Beitragsnachweise über eine geprüfte Ausfüllhilfe erstellen und übermitteln. Wenn ein Steuerberater die Lohnbuchhaltung führt, berücksichtigt dieser von sich aus die richtigen Rechengrößen.
Sofern Sie selbst ein systemgeprüftes Entgeltabrechnungsprogramm einsetzen, werden vom Softwarehersteller immer automatisch die aktuellen Werte hinterlegt. Lesen Sie hierzu auch im Informationsportal im Steckbrief Standardsoftware und Ausfüllhilfen.
Was ist später wichtig?
Insbesondere beim Thema Jahresarbeitsentgeltgrenze sind Sie als Arbeitgeber verpflichtet, eine regelmäßige Prognose zum Jahresentgelt für Ihre Arbeitnehmer vorzunehmen. Dies bedeutet, dass unterjährige Veränderungen des Entgelts, die Einfluss auf das Über- oder Unterschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze haben, auch direkt berücksichtig werden müssen. Meldungen zur Sozialversicherung sind von Ihnen oder Ihrem Steuerberater sach- und fristgerecht auf Basis dieser Prognosen zu übermitteln.
Grundlage hierfür ist das Urteil des Bundessozialgerichtes (BSG) vom 7. Juni 2018 (B 12 KR 8/16 R) sowie die Ergebnisniederschrift Fachkonferenz Beiträge vom 20.03.2019 des Spitzenverbands der Gesetzlichen Krankenversicherung.