Es gibt viele Gründe, weshalb Menschen mehrere Beschäftigungen gleichzeitig ausüben. Das hat – je nach Anzahl und Umfang der Beschäftigungen – Auswirkungen auf die Sozialversicherung. Sowohl für die Frage der Versicherungspflicht als auch für die Beitragshöhe.
Worum handelt es sich?
Für die Beurteilung der Versicherungspflicht werden mehrere, zeitgleich ausgeübte Beschäftigungen in der Regel zusammengerechnet. Beispielsweise bei den Minijobs. Eine geringfügig entlohnte Beschäftigung mit einem Entgelt bis zur Entgeltgrenze (2025 = 556 Euro monatlich), ist versicherungsfrei in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung. In der Rentenversicherung besteht zwar Versicherungspflicht, der Beschäftigte kann sich aber davon befreien lassen. Die Entgeltgrenze gilt aber pro Person, nicht für jedes einzelne Beschäftigungsverhältnis. Werden also mehrere, für sich allein betrachtet geringfügig entlohnte Beschäftigungen nebeneinander ausgeübt, so werden die Entgelte zusammengerechnet. Überschreitet der Gesamtbetrag den Grenzwert, sind alle Beschäftigungen versicherungspflichtig.
Werden geringfügig entlohnte Beschäftigungen neben einer Hauptbeschäftigung (für sich allein betrachtet versicherungspflichtig) ausgeübt, werden diese – mit Ausnahme der zuerst aufgenommenen geringfügigen Beschäftigung – mit der Hauptbeschäftigung zusammengerechnet und sind damit auch versicherungspflichtig. Ausnahme: In der Arbeitslosenversicherung erfolgt diese Zusammenrechnung nicht, so dass die Nebenbeschäftigungen hier versicherungsfrei bleiben.
Auch mehrere versicherungspflichtige Beschäftigungen werden zusammengerechnet. Was heißt das für die Krankenversicherungspflicht? Liegt das regelmäßige Arbeitsentgelt aller Beschäftigungsverhältnisse eines Beschäftigten über der Jahresarbeitsentgeltgrenze (Krankenversicherungspflichtgrenze), führt dies grundsätzlich zur Krankenversicherungsfreiheit.
Die Sozialversicherungsbeiträge werden höchstens auf Basis der Beitragsbemessungsgrenzen berechnet. Soweit die beitragspflichtigen Einnahmen des Versicherten (z. B. das Arbeitsentgelt aus einer oder mehreren Beschäftigungen) diese Grenzwerte überschreiten, bleiben die überschießenden Einnahmen beitragsfrei. Übersteigen die Einnahmen aus mehreren versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen in der Summe die Beitragsbemessungsgrenze, sind die Beiträge (und die Arbeitgeberzuschüsse) gemäß § 22 Abs. 2 SGB IV zu berechnen. Dies bedeutet, dass eine Verhältnisrechnung vorgenommen werden muss: Die beitragspflichtigen Einnahmen sind nach dem Verhältnis ihrer Höhe so zueinander zu vermindern, dass sie zusammen höchstens die jeweilige Beitragsbemessungsgrenze erreichen. Dabei sind die beitragspflichtigen Einnahmen aus dem jeweiligen Versicherungsverhältnis vor der Verhältnisrechnung ggf. auf die jeweilige Beitragsbemessungsgrenze zu reduzieren. Die Beitragsbemessungsgrenzen werden jährlich durch Rechtsverordnung aktualisiert. Die Berechnung orientiert sich an der Lohn- und Gehaltsentwicklung in Deutschland. Die Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung ist nur für einen kleinen Teil der Beschäftigten identisch mit der Versicherungspflichtgrenze, die bestimmt, ob ein Arbeitnehmer krankenversicherungspflichtig oder – frei ist. Die Versicherungspflichtgrenze ist für die „Normalfälle“ höher. Weitere Details zur Beitragsbemessungsgrenze sowie zu den anderen relevanten Grenzwerten und Rechengrößen der Sozialversicherung finden Sie hier im Informationsportal im Steckbrief Rechengrößen Sozialversicherung.
Das Verfahren bei Überschreitung der Beitragsbemessungsgrenze
Bei einem Überschreiten der Beitragsbemessungsgrenzen im Falle einer Mehrfachbeschäftigung fordert die Einzugsstelle von den Arbeitgebern so genannte GKV-Monatsmeldungen an. Die Arbeitgeber melden der Einzugsstelle das laufende und einmalig gezahlte Arbeitsentgelt für die angeforderten Monate zurück. Die Einzugsstelle sammelt von allen Arbeitgebern die Rückmeldungen ein. Im Anschluss daran werden die Gesamtentgelte sowie der beitragspflichtige Anteil einer Einmalzahlung an die Arbeitgeber für jeden Monat zurückgemeldet. Damit ist der Arbeitgeber in der Lage, die Beiträge (und die Arbeitgeberzuschüsse) gemäß § 22 Abs. 2 SGB IV zu berechnen.
Welcher Zweck wird erfüllt?
Die Regelungen zur Versicherungspflicht und -freiheit und zur Beitragsberechnung sind grundsätzlich versichertenbezogen. Bei mehreren Beschäftigungen müssen diese also als Gesamtheit betrachtet werden. Das gilt – mit Ausnahme bei einem Minijob – sowohl für die versicherungsrechtliche Beurteilung als auch für die Beitragshöhe.
Welche Norm ist die Grundlage?
Die Geringfügigkeitsgrenze für Minijobs ist in § 8 SGB IV geregelt. Die daraus resultierende Versicherungsfreiheit ist geregelt:
Bei der Beurteilung der Krankenversicherungspflicht ist § 6 Abs. 1 SGB V in Verbindung mit den Absätzen 6 und 7 maßgebend. Für die Beitragsbemessungsgrenze gelten folgende Rechtsgrundlagen:
Die Verpflichtung zur Abgabe der GKV-Monatsmeldungen ergibt sich aus § 26 Abs. 4. SGB IV.
Die Beitragsberechnung bei Mehrfachbeschäftigung ergibt sich aus dem § 22 Abs. 2 SGB IV.
Wo kann ich mich informieren?
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) veröffentlicht jährlich vor Beginn des neuen Kalenderjahres die aktuellen Beitragsbemessungsgrenzen und die Krankenversicherungspflichtgrenze. Sehen Sie sich dazu den Steckbrief Beitragsbemessungsgrenze an.
Die Beurteilung der Versicherungspflicht bei Minijobs, auch bei mehreren gleichzeitig ausgeübten Beschäftigungen, ergibt sich aus den Geringfügigkeitsrichtlinien der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger.
Auskunft erteilen alle Krankenkassen und die Träger der Deutschen Rentenversicherung. Bei der Beurteilung von Minijobs ist die Minijob-Zentrale der richtige Ansprechpartner.
Was muss ich tun?
Bei Aufnahme einer Beschäftigung müssen Sie den neuen Beschäftigten befragen, ob und ggf. welche weiteren Beschäftigungen ausgeübt werden. Zu dieser Information ist er verpflichtet (§ 28o Abs. 1 SGB IV), da Sie ohne diese Angaben die Versicherungspflicht oder -freiheit nicht zutreffend feststellen können.
Sie müssen für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge immer die für den Entgeltabrechnungszeitraum gültigen Beitragsbemessungsgrenzen berücksichtigen.
Zu Beginn des neuen Jahres ist die Jahresmeldung (10 DEÜV) mit dem beitragspflichtigen Entgelt zu übermitteln. Damit erhält die Einzugsstelle die Möglichkeit festzustellen, ob möglicherweise die Beitragsbemessungsgrenze insgesamt überschritten wird.
Was ist später wichtig?
Üben Arbeitnehmer mehrere versicherungspflichtige Beschäftigungen nebeneinander aus (Mehrfachbeschäftigung), nimmt die zuständige Krankenkasse auf Grundlage der eingegangenen GKV-Monatsmeldungen von den verschiedenen Arbeitgebern eine Prüfung vor, ob Beiträge von Einnahmen oberhalb der maßgeblichen Beitragsbemessungsgrenze gezahlt wurden. Die Krankenkasse übermittelt den beteiligten Arbeitgebern anschließend das Prüfergebnis. Haben Sie in solchen Fällen zu viel Beiträge entrichtet, verrechnen Sie diese im Regelfall mit den laufend geschuldeten Beiträgen; der Arbeitnehmer erhält seinen Anteil der zu viel entrichteten Beiträge im Rahmen der Lohnabrechnung zurück.
Die Versicherungspflicht bei Minijobs und die Krankenversicherungspflicht müssen Sie bei jeder Veränderung des Arbeitsentgelts und zum Jahreswechsel überprüfen.